Carsten Sieper, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Frankfurt a. M.
Darlehensverträge können im sogenannten Antragsverfahren geschlossen werden. Das bedeutet, dass der Antrag und die Annahme nicht in ein und derselben Urkunde erfolgen, sondern in getrennten Dokumenten mit separaten Willenserklärungen. Ob diese Willenserklärungen sich decken oder durch abändernde Annahmeerklärung ein neues Angebot gem. § 150 Abs. 2 BGB vorliegt, ist für den Vertragsschluss maßgeblich.
Mit einer derartigen Problematik hatte sich das OLG Celle im Rahmen einer Berufung zu beschäftigen. Hintergrund war eine Klage auf Nichtabnahmeentschädigung, zu welcher sich die Darlehensnehmer darauf beriefen, dass eine Nichtabnahmeentschädigung schon mangels wirksamen Vertragsschlusses nicht geschuldet sei. Es hätten keine übereinstimmenden Willenserklärungen vorgelegen. Dies begründeten die beklagten Darlehensnehmer damit, dass im Darlehensantrag zum Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag zwei Grundstücke genannt waren, die im Rahmen einer Gesamtbuchgrundschuld über € 350.000 als Sicherheit dienen sollten. Die Annahmeerklärung des Darlehensgebers sah vor, dass für diese Gesamtgrundschuld über € 350.000 einerseits bereits vorhandene Grundschulden zu einem der beiden als Sicherheit dienenden Objekte revalutiert werden sollten, andererseits neue Grundschulden zu den Objekten bestellt werden sollten.
Das OLG Celle führte mit Hinweisbeschluss gem. § 522 ZPO vom 28.12.2023 – 3 U 37/23 – aus, dass dabei nicht von einer abändernden Annahmeerklärung gem. § 150 Abs. 2 BGB auszugehen sei. Dies nahm bereits die Vorinstanz an. Die Nennung der bestehenden und zu revalutierenden Grundschulden in der Annahmeerklärung führe nicht zu einer abändernden Annahme, sondern diene lediglich dazu, die praktische Durchführung der Besicherung zu vereinfachen. Sie konkretisiere den im Darlehensantrag bereits enthaltenen Rahmen der Besicherung. Rein prozedurale Änderungen und Präzisierungen würden mithin nicht in den Anwendungsbereich des § 150 Abs. 2 BGB fallen. Der Vertrag sei daher wirksam geschlossen. Da auch die anderen Voraussetzungen vorlägen, sei die Nichtabnahmeentschädigung zu zahlen. Die beklagten Darlehensnehmer nahmen daraufhin ihre Berufung zurück.
PRAXISTIPP
Der besprochene Beschluss ist erfreulich und betrachtet die Frage des Vertragsschlusses pragmatisch. Dennoch sollte tunlichst darauf geachtet werden, dass sich Angebot und Annahmeerklärung, sofern gewollt, ohne Anschein der Abänderung decken. Denn jede inhaltliche Änderung, gleich ob bedeutend oder unbedeutend, ist ein neues Angebot (vgl. z. B. BeckOGK/Möslein, 01.02.2018, BGB § 150 Rn. 30). So kann auch keinesfalls mit Sicherheit angenommen werden, dass andere Gerichte bei vergleichbarem Sachverhalt diesen wie das OLG Celle beurteilen würden.
Beitragsnummer: 22553